„Ein Lächeln genügt“

Foto SyrienbesuchAls in der Ferne ein Flugzeug zu hören ist, gerät Ibrahem Al Suaid ins Stocken. Anschaulich und beeindruckend hat der 26-Jährige im Wiedenbrücker Ratsgymnasium zwei Sozialwissenschafts-Kursen von seiner erfolgreichen Flucht aus Syrien erzählt.

„Alle müssen wissen, was in Syrien los ist“

Allein das rauschende Turbinenheulen des Düsenjets scheint beim Flüchtling traumatische Erinnerungen ausgelöst zu haben. Ansonsten wirkt der Syrer, der seit zehn Monaten in Deutschland ist und jetzt in Borgholzhausen lebt, selbstbewusst und zugleich erstaunlich gefestigt. Einen Dolmetscher hat er abgelehnt, stattdessen will er lieber direkt mit den jungen Leuten ins Gespräch kommen. „Alle müssen wissen, was in Syrien los ist“, sagt er. Und das, was der junge Syrer zu erzählen hat, hinterlässt bei den 40 Schülern tatsächlich einen tiefen Eindruck.

„Die Informationen, die wir aus den Medien erhalten, sind immer gefiltert. Deshalb ist es spannend, etwas aus erster Hand zu erfahren, weil man sich dann ein eigenes Bild machen kann“, begründet Sowi-Lehrer Sören Voss, weshalb er Ibrahem zusammen mit seinen beiden Cousins Ahmad (15) Mehsen (16) für eine Doppelstunde in den Unterricht eingeladen hat.

Die drei Gäste kommen aus der Kleinstadt Al Mayadin, aus der sie von einem grausamen Krieg gnadenlos vertrieben worden sind. Rund 11 000 Euro hat alleine für Ibrahem die Flucht gekostet, durch sechs europäische Staaten, inklusive Gefängnisaufenthalt in Ungarn und vielen Nächten in irgendwelchen Wäldern. Sechs Monate hat er für die 4000 Kilometer langen Weg nach Deutschland benötigt. Weil die Schlepper mittlerweile besser organisiert sind, ging es bei den Cousins, die erst vor wenigen Wochen gekommen sind, deutlich schneller. Die Eltern der beiden Jungs hätten ein Grundstück und eine Wohnung verkauft, um die Flucht der Kinder zu finanzieren.

„Entweder du gehst mit IS oder du bist tot“

Und warum die Flucht? „Entweder du gehst mit IS oder du bist tot“, erklärt der ausgebildete Elektrotechniker, dass es für junge Männer und auch für Jugendliche in seiner Heimat nur zwei Perspektiven gibt: Wer nicht mit dem IS (Islamischer Staat) gegen das eigene Volk kämpfen will, wird umgebracht.

Von Deutschland hingegen hat Ibrahem einen durchweg positiven Eindruck. Er sei überwältigt von der Hilfsbereitschaft und wolle möglichst sein in Damaskus begonnenes Studium hier fortsetzen. Dass es auch fremdenfeindliche Menschen in Deutschland gebe, sei ihm nicht entgangen. „Die sind aber in Leipzig und Dresden, nicht hier“, sagt er. Wenn es die Lage irgendwann wieder zulässt, ist eine Rückkehr in die syrische Heimat angestrebt. Doch bis dahin wollen die drei sich in Deutschland integrieren und ihre Deutschkenntnisse ausbauen. Die Schüler möchten schließlich noch wissen, was Deutschland nach Ansicht der Asylbewerber noch tun könne, um den Flüchtlingen zu helfen. „Alles ist super hier. Ein Lächeln ist genug“, antwortet Ibrahem.